Damit Reifen die gesetzlichen Prüfungen sowie unabhängigen Reifentests diverser Fachzeitschriften wie z. B. auto motor sport sowie Testinstitute und Automobilclubs wie dem ADAC erfolgreich bewältigen, werden sie vorab ausgiebig intern getestet. Ob Sommer-, Winter- oder Ganzjahresreifen – Continental testet und optimiert seine Reifen 365 Tage im Jahr, bis sie schließlich zum externen Reifentest zugelassen und folglich für den Markt freigegeben werden. Doch was passiert intern genau? Wie und wo laufen Reifentests bei Continental ab? Welche Techniken werden zur Hilfe genommen? Auf welche Prüf- und Testkriterien kommt es an? Auf dieser Seite finden Sie die Antworten zu diesen Fragen und noch viel mehr. Blicken Sie mit uns einmal hinter die Kulissen eines Reifentests sowie auf die Geschichte von Reifentests bei Continental.
Das Contidrom in Jeversen bei Hannover ist der „Prototyp“ und Referenz aller Reifenteststrecken von Continental. Bei seiner Eröffnung im Jahr 1967 stand zunächst das bis heute imposante Hochgeschwindigkeitsoval mit seiner Länge von 2,8 Kilometern zur Verfügung; die anderen Strecken wie der Nasshandlingkurs und die Trockenhandlingstrecke, jeweils 1,8 km beziehungsweise 3,8 Kilometer lang, kamen in weiteren Ausbaustufen der Testanlagen dazu.
Für die nahe Zukunft plant Continental den Aufbau einer weiteren Nasshandlingstrecke, die identisch mit der existierenden ist. Allerdings nicht, um noch mehr Reifen zu testen, sondern um den Betrieb auf der hoch frequentierten Strecke zu entzerren.
Teststrecke wichtiger denn je
Derzeit sind rund 100 Mitarbeiter auf dem Testgelände beschäftigt. Die Teststrecke nördlich von Hannover ist mit ihren vielfältigen, präzisen Möglichkeiten über die Jahre wichtiger denn je geworden, um die Weiterentwicklung von Reifen im Zusammenhang mit Forschung und Entwicklung mit der Bewertung der Leistungseigenschaften auf den Teststrecken zu ermöglichen. Continental leistet damit einen wichtigen Beitrag zu mehr Sicherheit im Straßenverkehr.
Neue Geländestrecke
Seit 2003 gibt es auf dem Contidrom auch eine Geländestrecke. Ausgestattet mit verschiedenen Steigungen, einer Verschränkungs- und Steilbahn sowie einem Wasserbecken ist sie für Versuche mit Geländereifen an allradgetriebenen Fahrzeugen bestens geeignet.
Auf Teststrecken weltweit unterwegs
Damit Continental die eigenen Winter-, Sommer- und Ganzjahresreifen auch unter saisonalen Bedingungen testen kann, werden dafür natürlich auch unsere Teststrecken in der ganzen Welt aufgesucht. So findet man z. B. in Skandinavien bzw. in Schweden optimale winterliche Bedingungen vor, um den Testkriterien von Winterreifen gerecht zu werden. Sommerreifen werden neben dem hauseigenen Contidrom auch in den USA und Neuseeland getestet. Die Teststrecken sind standardisiert, das heißt, sie sind von den Oberflächen her identisch. Damit das auch so bleibt, werden die Strecken regelmäßig überprüft. Wenn Sommerreifentests im Winter anliegen, hat Continental zudem auch die Möglichkeit eine Teststrecke in Spanien oder Süditalien anzumieten. Getestet wird auf unterschiedlichen Terrains sowie unter jeglicher Form von Wetterbedingungen. Jährlich führt Continental so weltweit über 67.000 Reifentests durch. Unsere getesteten Reifen umrunden die Welt rund 500 Mal.
Die neueste Testanlage von Continental ist der 2012 in Hannover in Betrieb genommene AIBA (Automated Indoor Braking Analyzer). In der wetterunabhängigen Testanlage können bis zu 100.000 Bremsversuche jährlich auf trockener, nasser und sogar vereister Fahrbahn durchgeführt werden. Die Anlage ist in eine 300 m lange, bis zu 30 m breite Halle integriert. In ihr wird ein unbemanntes Testfahrzeug vollautomatisch auf bis zu 115 km/h beschleunigt und dann mit einem Bremsroboter bis zum Stillstand abgebremst.
Revolution im Reifentestverfahren
Der neue AIBA revolutioniert nach der Ansicht von Fachleuten die bisherigen Reifentestverfahren. Mit dem weltweit genauesten Verfahren bei Bremstests können hier die Vorteile der Tests in Laboren mit denen im Freien an Fahrzeugen kombiniert werden. “Damit konnte die Reproduzierbarkeit um siebzig Prozent verbessert werden, so dass wir die Entwicklungsfortschritte mit höchster Präzision messen können“, erläutert David O‘Donnell, Leiter der Forschung und Entwicklung Pkw-Reifen von Continental. Bislang waren die Reifentester darauf angewiesen, die Tests bei variierenden Umwelteinflüssen wie Temperatur und Wind auf einer der Witterung ausgesetzten Fahrbahn am Contidrom durchzuführen.
Erfahren Sie mehr über unsere Reifentestanlage AIBA.
Positive Ergebnisse
Das Ziel der Anlage ist es, die Präzision und die Wiederholbarkeit von Reifentests zu verbessern. Mit Erfolg. Die Testpräzision wurde mittlerweile verdoppelt, was dazu führt, dass Continental momentan über 50 Prozent des Bremstestbedarfs im AIBA durchführt. Dadurch werden auch die Testfahrer geschont, die tagtäglich viele Vollbremsungen vollziehen müssen.
Interne Reifentests lassen sich in drei Bereiche aufteilen:
So ordert Continental einen Reifentest
Bei der Testvorbereitung bestellt der Testleiter den zu prüfenden Reifen im Versuchsreifenlager. Dieser wird danach zur entsprechenden Test-Location gebracht, wie z. B. dem Contidrom. Zusammen mit den richtigen Felgen wird der Reifen anschließend konditioniert. Das bedeutet, dass er auf Temperatur gebracht wird und z. B. 24 Stunden bei einer bestimmten Temperatur in einem Raum bleiben muss. Alternativ wird der Reifen eingefahren, bis er die richtige Temperatur erreicht.
Objektive und subjektive Beurteilungen
Dann folgt die Testdurchführung, also der eigentliche Reifentest unter den vorher von der F&E definierten Testvorgaben. Das kann dann beispielsweise ein Indoor-Reifentest sein, bei dem der Reifen für einen Bremstest auf eine Schiene montiert und automatisch beschleunigt sowie abgebremst wird, oder ein Outdoor-Reifentest mit Testfahrern auf der Teststrecke, wie z. B. auf dem Contidrom oder der dazugehörigen Geländestrecke.
Bei einem Outdoor-Reifentest werden die Reifen objektiv und subjektiv bewertet. Bei einer objektiven Beurteilung bekommt der Testfahrer über den sogenannten elektronischen Digi-Talker unterstützend mitgeteilt, was bei seinen Reifen zu testen ist. Über verschiedene Sensoren im Wagen werden die Testergebnisse dann aufgenommen. Bei einer subjektiven Beurteilung fungiert der Testfahrer quasi selber als menschlicher Sensor. Er spürt bzw. fühlt die Reaktion des Fahrzeugs nach verschiedenen Kriterien und gibt am Ende des Tests seine subjektive Beurteilung für diese Kriterien ab.
Das subjektive, menschliche Empfinden des Testfahrers ist bei einem Reifentest nach wie vor höher anzusehen als Geräte zur objektiven Bewertung.
Thomas Neddenriep, Director Global Evaluation Tire Additional Performance
Testergebnisse werden freigegeben
Bei der Testnachbearbeitung prüft der Testleiter ab, ob alles in Ordnung ist, die Bedingungen eingehalten wurden und ob der Reifen ordnungsgemäß getestet wurde. Abschließend werden die Testergebnisse freigegeben und an die Forschung & Entwicklung zurückgemeldet. Wiederholungen eines Reifentests kommen natürlich vor, damit der Reifen den allgemeinen Anforderungen entspricht – z. B. werden Bremstests mehrmals wiederholt.
Traumjob Testfahrer! Doch wie wird man eigentlich Testfahrer bei Continental? Diese Frage stellen sich viele Autofreunde. Ein technisches Studium, wie z. B. Maschinenbau oder Fahrzeugtechnik, ist erstmal eine gute Basis. Dazu gehört noch das nötige Talent, sowohl das fahrerische als auch das technische Know-how. Natürlich sollte ein gewisses Interesse an Motorsport oder an Fahrzeugtechnik ebenfalls vorhanden sein. Eine Ausbildung dauert dann 2 Jahre.
Continental bevorzugt interne Testfahrer, da die Erfahrung ein wichtiges Kriterium eines Testfahrers ist. Es ist entscheidend, wie der Testfahrer gewisse Kriterien am Reifen und am Fahren versteht. Ebenso welches Bauteil am Reifen welchen Einfluss auf welches Fahrmanöver hat. Das sind alles Erfahrungswerte, die im Laufe der Zeit hinzugewonnen werden.
Die Simulation hat bei Reifentests wachsende Bedeutung und wird stetig weiterentwickelt. Bereiche, wie Reifen, sind und bleiben bei der Erstausrüstung wichtig. Doch das echte Testen in allen möglichen Disziplinen bleibt sowohl ein wichtiges Kriterium bei Continental als auch ein wichtiger Bestandteil der Reifenentwicklung. Eine Simulation wird einen Indoor- bzw. Outdoor-Reifentest mit Testfahrern auf der Anlage in Zukunft aber nicht ersetzen können.
Bei gesetzlichen Reifentests ist vorgegeben, was beim Reifen getestet werden muss – z. B. die Bremseigenschaften bei Nässe, die Geräuschentwicklung und der Rollwiderstand sowie die Reifenhaltbarkeit. Dies wird auch regelmäßig überprüft. Bei einem gesetzlichen Reifentest muss der erste Test überzeugen.
Wenn Continental intern über Neuentwicklungen nachdenkt, gibt der Produktmanager vor, wie das neue Produkt auszusehen und welche Bedingungen es zu erfüllen hat. Wenn ein Reifen um X Prozent verbessert werden soll, passiert dies meistens im Vergleich zum Vorgängerprodukt. Ansonsten fallen die entsprechenden Prüf- und Testkriterien für Winterreifentests, Sommerreifentests und Ganzjahresreifentests an, die auf den verschiedenen Teststrecken durchgeführt werden.
Zu den Prüf- und Testkriterien bei Sommerreifen gehören:
Bei Winterreifen kommen folgende Prüf- und Testkriterien noch hinzu:
Für Ganzjahresreifentests gelten die Prüf- und Testkriterien von Sommer- und Winterreifentests.
Erfolgreicher Beginn am Contidrom
Bereits seit 1967 testet Continental Reifen im Contidrom in Jeversen – in über 50 Jahren rund 1,3 Millionen Stück. Von Anfang an entwickelten die Testingenieure Standards, die in den Continental-Reifentests weltweit genutzt werden, um Ergebnisse einheitlich zu interpretieren und intern austauschen zu können. Dabei wurden immer wieder neue, bahnbrechende Verfahren verwendet. So drehte Mitte der 70er Jahre ein fahrerloser Mercedes vom Typ „/ 8“ Runde um Runde im Oval, um diverse Versuche durchführen zu können. Auch diese frühe Vorstufe des AIBA machte den persönlichen Eindruck der Testingenieure nicht überflüssig. Viele Versuche wie zum Beispiel Handling im Grenzbereich, Nässeverhalten, Lenkeigenschaften und Komfort erfordern den Testfahrer am Lenkrad auch weiterhin.
Mitte der 80er – Testbahnen mit Schienenführung
Zum Oval und den beiden Handlingstrecken sind diverse andere Versuchs- und Messstrecken hinzugekommen. So werden seit 1985 Versuche zum Brems- und Aquaplaningverhalten auf Testbahnen mit Schienenführung durchgeführt. Zwei Kreisbahnen unterschiedlicher Größe dienen vor allem dem Reifenversuch auf nasser Straße. Während der eine Kreis vor allem die Situation des Aquaplanings bei Kurvenfahrt simuliert, ist der andere mit unterschiedlichen Fahrbahnbelägen ausgestattet, die bewässert werden können. Beide Situationen sind im realen Verkehr sehr kritisch für Autofahrer und müssen daher bei der Reifenentwicklung besonders umfassend geprüft werden. Rückschlüsse auf die Sicherheitsreserven des Reifens bei schleichendem Luftdruckverlust erlaubt ein weiterer Test auf einer Kreisbahn: Ein Pkw oder Lkw fährt mit 55 km/h in die Kreisbahn. Bei jeder Runde wird der Reifendruck um 1/10 bar verringert – bis dass der Pneu buchstäblich von der Felge springt. Entsprechend wird die Strecke „Abwurfkreis“ genannt.
Das neue Jahrtausend startet mit neuer Geländestrecke
Seit 2003 gibt es auf dem Contidrom eine Geländestrecke. Ausgestattet mit verschiedenen Steigungen, einer Verschränkungs- und Steilbahn sowie einem Wasserbecken ist sie für Versuche mit Geländereifen an allradgetriebenen Fahrzeugen bestens geeignet. Um Mobilität umweltfreundlich zu gestalten, müssen Reifen nicht nur einen möglichst niedrigen Rollwiderstand haben, sondern auch leise abrollen. Diese Eigenschaft wird auf zwei Messstrecken untersucht, die etwas abseits von den übrigen Versuchsbahnen angeordnet sind und auf denen das Reifen- / Fahrbahngeräusch ermittelt wird. Auf genormten Untergründen werden hier Außen- und Innenmessungen durchgeführt.
2012 wetterunabhängiges Testen mit AIBA
Seit 2012 ist mit dem AIBA (Automated Indoor Braking Analyzer) die neueste wetterunabhängige Testanlage von Continental in Betrieb, in der bis zu 100.000 Bremsversuche jährlich auf trockener, nasser und sogar vereister Fahrbahn durchgeführt werden können.