Die Rennfahrerin Jutta Kleinschmidt, die vor 20 Jahren als erste und einzige Frau die berüchtigte und schwierige Rallye Dakar gewann, lässt sich nicht unterkriegen. Sie nimmt nicht nur an Rennen teil, sondern ist jetzt auch Präsidentin der Cross Country Rally Commission der FIA und Motivationstrainerin. Wir haben uns mit ihr zusammengesetzt, um über die vergangenen und zukünftigen Herausforderungen in ihrem Leben zu sprechen.
Continental: Was macht Sie nervöser: ein Interview zu geben oder einen Rennwagen zu fahren?
Jutta Kleinschmidt: Interviews machen mich überhaupt nicht nervös! Und selbst beim Rennwagenfahren ist nervös nicht das richtige Wort; es ist aufregend. Natürlich ist man vor dem Start etwas angespannt, aber das liegt oft daran, dass man gut vorbereitet sein will und alles perfekt sein soll. Aber das ist eine gesunde Art von Nervosität, die dazu führt, dass man jedes wichtige Detail bedenkt, das einem im Rennen helfen kann.utta Kleinschmidt:
Continental: Wie war es, wieder in Dakar zu sein? Die eigentliche Rallye Paris-Dakar findet ja nicht mehr dort statt.
J Jutta Kleinschmidt: Es war eine Überraschung! Und definitiv eine sehr angenehme.
Ich war ein so genannter „Championship Driver“ im letzten Extreme-E-Rennen. Eine unserer Aufgaben war es, ins Rennen zu gehen, falls jemand ein Problem hat. Und siehe da, ich bekam im Senegal in Dakar die Chance!
Es war eine schöne Überraschung, denn vor 20 Jahren habe ich die Dakar-Rallye gewonnen und ich habe viele schöne Erinnerungen an diese Zeit.
Jutta Kleinschmidt ist die erste und einzige Frau, die dieses Rennen je gewonnen hat
Continental: Wie hat sich die Rolle der Frauen im Motorsport in den letzten 20 Jahren verändert?
Jutta Kleinschmidt: Ich sehe jetzt definitiv Fortschritte bei Extreme E. 50 % der Teilnehmer sind weiblich, und das ist einfach fantastisch!
Der Motorsport ist ein Bereich mit vielen Champions, und wir haben viele Frauen, die bereits Großes erreicht haben. Heute stehen sie noch mehr im Mittelpunkt, weil Serien wie Extreme E weltweit anerkannt sind und Rennfahrern, insbesondere jungen Frauen, beim Vorankommen helfen.
Continental: Jetzt, wo Sie an einem Extreme-E-Rennen teilgenommen haben - was erwarten Sie von den E-Fahrzeug-Rennen der Zukunft?
Jutta Kleinschmidt: Ich bin seit zehn Jahren von Elektroautos fasziniert, weil ich es für sehr wichtig halte, dass die Industrie auf umweltfreundliche Technologien umsteigt. Das war einer der Hauptgründe, warum ich mich für Extreme E engagieren wollte. Der Motorsport und der professionelle Rennsport waren schon immer ein Testfeld für neue Technologien, und heute ist das wichtiger denn je.
Ich bin seit zehn Jahren von Elektroautos fasziniert [...] Der Motorsport und der professionelle Rennsport waren schon immer ein Testfeld für neue Technologien, und das ist jetzt wichtiger denn je.
Jutta Kleinschmidt
Continental: Nennen Sie uns bitte drei Orte, die Sie noch nie besucht haben und an denen Sie gerne mal ein Rennen fahren würden.
Jutta Kleinschmidt: Nun, eine ist bereits geplant! Eines der Extreme-E-Rennen findet in Grönland statt und darauf freue ich mich schon sehr. Ich bin dort noch nie Rennen gefahren. Ich finde das sehr spannend, denn soweit ich weiß, ist es das erste internationale Rennen, das dort stattfindet.
Mein zweites Rennziel ist der Mond. Ich würde gerne einmal ein Rennen auf dem Mond fahren! Das muss ein Riesenspaß sein, denn die geringe Schwerkraft bedeutet, dass man sehr, sehr weit springen könnte. Und das alles wäre mit Elektroautos möglich! Das wäre großartig.
Mein drittes Ziel könnte ein schneebedeckter Berg sein. Vielleicht der Mount Everest? Das wäre natürlich sehr schwierig, und wir müssten dort mit Strom arbeiten, weil es so hoch oben ist. Aber das wäre eine interessante Herausforderung!
Jutta Kleinschmidt schaffte es, in nur achteinhalb Tagen 5.000 Kilometer mit dem Fahrrad quer durch die USA zu fahren
Continental: Im Laufe Ihrer Karriere haben Sie viele Menschen inspiriert. Was oder wer inspiriert Sie?
Jutta Kleinschmidt: Die eine Person, die mich per se inspiriert, gibt es nicht. Es gibt Gelegenheiten, da sehe ich jemanden, der etwas Großartiges tut und Wunderbares erreicht, und dann sage ich mir, dass das fantastisch ist und ich auch etwas in dieser Richtung tun möchte. Aber das ist nicht an eine bestimmte Person gebunden.
Ich würde sagen, ich lasse mich von Herausforderungen inspirieren. Ich liebe Herausforderungen. Ich bin immer auf der Suche nach etwas Neuem. Zum Beispiel die Arbeit mit neuen Technologien wie bei Extreme E. Ich liebe es, mich in neue Projekte einzubringen, die neue Möglichkeiten bieten, denn das ist die größte Herausforderung für mich.
Jutta Kleinschmidt schloss ihr Studium als Diplom-Physikerin ab
Continental: Welchen Rat würden Sie andere Menschen geben?
Jutta Kleinschmidt: Ich fordere sie oft dazu auf, wirklich intensiv darüber nachzudenken, welche Träume sie haben und was sie im Leben erreichen wollen. Das halte ich für besonders wichtig, vor allem heutzutage, wo die Zeit so schnell vergeht und alle ständig beschäftigt und in Eile sind.
Deshalb sage ich den Leuten, sie sollen sich hinsetzen, spazieren gehen oder Fahrrad fahren, ohne sich ablenken zu lassen, und darüber nachdenken, wovon sie wirklich träumen. Dann sollten Sie versuchen, sich in dieser Richtung zu entwickeln. Denn wenn man etwas wirklich will, ist man normalerweise auch wirklich gut darin und kann damit erfolgreich sein. Das sind zumindest meine persönlichen Erfahrungen und kann allen nur raten, es ebenfalls zu versuchen.
Sie hat auch eine Lizenz als Hubschrauberpilotin
Continental: Wie nutzen Sie Ihre Rennerfahrung, um Menschen zu motivieren?
Jutta Kleinschmidt: Ganz gleich, was man macht, hängt der Erfolg meiner Meinung nach immer von den gleichen Komponenten ab. Zum Beispiel braucht man sowohl in der Wirtschaft als auch im Motorsport ein gutes Team um sich herum. Denn ohne ein gutes Team hat man keine Chance. Das gleiche gilt für die Beachtung von Details, die oft unterschätzt werden. Nehmen Sie zum Beispiel Reifen. Sie sind Ihr einziger Kontakt mit dem Boden. Man kann ein fantastisches Auto haben, aber wenn man nicht die richtigen Reifen hat, wird man nie etwas erreichen.
Diese Details sind es nämlich, die einen von anderen unterscheiden. Alle Beteiligten im internationalen Rennsport können sehr gut fahren, sonst wäre er oder sie nicht dabei. Man muss also nur ein bisschen anders sein, ein bisschen besser, jeden Vorteil nutzen, den man finden kann, um zu gewinnen. Und das gilt auch für alle anderen Vorhaben.
Auch die Krisen sind überall ähnlich. An einem Punkt in meiner Karriere habe ich alle meine Sponsoren verloren und musste mir etwas Neues suchen, um an der Dakar-Rallye teilnehmen zu können. So habe ich schließlich das Auto gefunden, mit dem ich dann das Rennen gewonnen habe! Ich erzähle den Leuten solche Geschichten, um sie zu motivieren, nicht aufzugeben. Manchmal dauert es eine Weile, aber wenn man scheitert, versucht man es einfach noch einmal. Man hat nur verloren, wenn man es nicht einmal versucht.
Alle Beteiligten im internationalen Rennsport können sehr gut fahren, sonst wäre er oder sie nicht dabei. Man muss also nur ein bisschen anders sein, ein bisschen besser, jeden Vorteil nutzen, den man finden kann, um zu gewinnen.
Jutta Kleinschmidt